DOKUMENTE AUS BABEL
3. COOL IT . DOC
Dieses hinter mir gelassen, trat ich an verschiedenen Stellen, an denen es üblich war, in die Stadt ein und kam sogar mit einigen Honoratioren zusammen, ein Ereignis, das unter Berücksichtigung des heruntergekommenen Zustandes der Region für diese Chronik nicht weiter erwähnenswert ist.
Ich fresse alles in mich hinein, und es fängt in meinem Inneren an zu wuchern. Es gibt keine Bilder, die sich nicht in mein Leben einmischen, keinen Notausgang, der es mir erlauben würde, meine Phantasie zu bremsen. Gestern riss mich ein Fremder durch anhaltendes Klingeln aus dem Schlaf. Er behauptete, der Nachbar von unten zu sein und wollte mir eine Pistole geben. Ohne Scherz. Und das in Moabit, so nah am Gefängnis, fast findet man es logisch, dass sie nicht mit Blumen kommen. Ich, na ja, die brauch' ich im Moment wirklich nicht. Er bedrängt mich ziemlich hartnäckig. Es ist deine, behalte sie, es ist echt deine. Ich sage nein, er ja, plötzlich verdreht er die Augen, streckt seine schlaffe Hand aus und ich sehe, dass die Kanone auf mein Hemd gerichtet ist. Ich reagiere mit einem verzerrten Lächeln. Na gut, wenn du darauf bestehst, aber wenn du sie mir jetzt gibst, dann gehört sie auch mir. Ich habe sie in den Kühlschrank gelegt. Andere haben Kalbsaugen oder Hühnerherzen drin. Eingefrorene Schuss- oder Wurfobjekte beruhigen die Nerven. In meinen besten Zeiten bewahrte ich die Brot- und Fleischmesser eingeklemmt zwischen Eisbehältern auf, selbstverständlich nicht aus Angst davor, dass diese mir etwas antun könnten. Meine halbbewusste Aggressivität hatte bedrohlich zugenommen, und meinen pazifistischen Überzeugungen habe ich noch nie getraut. In der Tat gibt es nichts Befreienderes, als kurz vor der Explosion jede persönliche Ethik über Bord zu werfen.
Übersetzung aus dem Spanischen von Susanna Mende.
Veröffentlicht in: Nadja Caspar, Thomas Gonsior u.a. (Hrs): Dokumente aus Babel. Berliner Momentaufnahmen. Waxmann Verlag. Münster 2000.
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